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Verordneter Maskenball: Und Lippenstift wird ja ohnehin völlig überbewertet

"Mascara korrekt, check! Lippenstift hat sich keine Rinnen ausserhalb meiner Lippenkonturen gesucht. Perfekt, check!"

 
Diese Lässigkeit, wenn ich das Haus verlasse. Ich schaue noch einmal in den Spiegel um genauestens zu überprüfen, ob sich alle Farben noch an ihrem von mir mühselig und zeitaufwendig aufgetragenen zugewiesenen Plätzchen befinden.
 
Mascara korrekt, check! Lippenstift hat sich keine Rinnen ausserhalb meiner Lippenkonturen gesucht. Perfekt, check!
 
Jetzt darf ich mich in das Getümmel von Menschen stürzen, die nur darauf zu warten scheinen, ob es irgendetwas an meiner Verschönerung zu bemängeln gibt. Okay, diese diffusen Gedanken befinden sich nur in meinem Kopf. Denn natürlich bekommen die hektisch laufenden Leute auf den Straßen von alldem natürlich überhaupt gar nichts mit. Nicht von mir und meinem geschminkten Wohlfühl-Look, nichts von irgendetwas anderem. Köpfe schön nach unten gerichtet und freundlich vom Handy-Display angestrahlt. Immerhin, irgendetwas muss einen ja anstrahlen. Das mutige Lächeln, welches ich immer versuche einem geneigten "in-die gegenrichtung-von-mir-laufendem" zu schenken.
Äh. Stopp! Noch mal zurück zum Anfang. Hab' noch was vergessen.
 
Diese Lässigkeit, wenn ich das Haus verlasse. Ich schaue noch einmal in den Spiegel um genauestens zu überprüfen, ob sich mein Mund-Nasen-Schutz, welchen ich mühselig und mit viel Aufwand hinter widerspenstigen Ohrringen an meine zarten kleinen Öhrchen, versucht habe ohne größere Komplikationen anzubringen. Check!
 
Jetzt darf ich mich beruhigt in das Getümmel von Menschen stürzen, die nur darauf zu warten scheinen, ob es irgendetwas an meiner Maske im Gesicht zu bemängeln gibt. Okay, diese diffusen Gedanken, befinden sich nur in meinem Kopf. Denn natürlich bekommen die hektisch laufenden Leute auf den Straßen von alldem überhaupt gar nichts mit. Nicht von mir und nichts von meinem ungeschminkten Look. Einfach herrlich, wenn der Anlass nicht so bedrückend wäre. Hier und da ein kleines Pickelchen auf der Nase, über den Lippen. Herrlich! Tadaaa, möchte ich rufen! Aber, hey, es kann ja eh niemand sehen. Und Lippenstift brauch' ich auch keinen mehr. Wird ja ohnehin völlig überwertet. Dieses ewige Nachschminken und "sich bloß nicht über den Mund wischen", damit's nicht aussieht wie ein persönlicher Kriegsschauplatz! Einfach herrlich. Diese Entspanntheit in der Unentspanntheit!
 
Köpfe schön nach unten gerichtet und freundlich vom Handy-Display angestrahlt. Irgendetwas muss einen ja anstrahlen, denn ich kann es nicht mehr. Und falls ich mich doch dabei ertappe, bekommt davon niemand etwas mit. Wir tragen jetzt alle den verordneten "Maskenball" inkl. Abdeckstift!
 
Momentchen mal. Hat mein Gegenüber gerade versucht zurückzulächeln? Hatte seine Maske sich gerade etwas mehr an sein Gesicht gepresst, um ein zaghaftes Lächeln dahinter zu verbergen? Diese Lässigkeit, wenn ich das Haus verlasse...
 
Text / Foto: © Daniela Herbig (23.10.2020)

 

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© Daniela Herbig